F: Hallo Andrea! Erzählen Sie uns doch ein bisschen von Ihren Erfahrungen in Ihrer vorherigen Rolle als Vice President Manufacturing Personal Care für EMEA und Nordamerika.

Hallo! Ja, ich war 4 Jahre lang Vice President Manufacturing Personal Care für EMEA und Nordamerika und war hierbei für die Leitung von 12 Produktionsstätten auf der ganzen Welt und 2 Joint Ventures verantwortlich. Ein großes Unternehmen mit ungefähr 3500 Mitarbeitern zu leiten, stellt eine enorme Herausforderung dar. Du überdenkst deine Entscheidungen besser 2 oder 3 Mal, da sie bedeutende Folgen haben können. Du trägst nicht nur zum Erfolg von Essity bei, sondern beeinflusst auch das Leben von 3500 Familien. Diese Verantwortung musst du stets berücksichtigen. Meine wichtigste Aufgabe bestand darin, sicherzustellen, dass jeder einzelne Mitarbeiter des Unternehmens den Arbeitsplatz in dem gleichen (oder einem besseren) Zustand verließ, wie er ihn zu Beginn des Arbeitstages betreten hatte: Wenn du diese Position innehast, heißt die oberste Priorität stets Sicherheit. Mein Team setzte sich aus den Leitern der Produktionsstätten, der Lieferketten-Organisation und allen zentralen Funktionen zusammen. Jeder einzelne ist dafür verantwortlich, dass die Waren mit der höchstmöglichen Qualität und natürlich so kostengünstig wie möglich hergestellt und rechtzeitig an den Kunden ausgeliefert werden. Wir versuchen, ständig Verbesserungen vorzunehmen und spielen eine wichtige Rolle dabei, Innovationen auf den Markt zu bringen, wodurch wir Mehrwert für unsere Kunden und die Verbraucher schaffen und die Lebensqualität von Millionen Menschen anheben. 

F: Man bekommt den Eindruck, dass Ihr Job sehr facettenreich ist. Wie sieht ein Arbeitstag eines Vice President Manufacturing aus?

Jeder Tag ist anders. Ich habe jede Woche eine andere Produktionsstätte besucht und hierbei mit den Verantwortlichen die Ergebnisse überprüft, die Werkstatt besucht, dabei geholfen, wichtige Geschäftsmöglichkeiten auszumachen und gemeinsam die nächsten Schritte zu planen, und natürlich unsere Erfolge zu feiern. Jeder Standort hat unterschiedliche „Traum“-Ziele und Geschäftsbedürfnisse. Meine Aufgabe war es, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das erfolgreiches Arbeiten ermöglicht und sicherstellt, dass sich jeder Mitarbeiter einbringen kann.  Ebenfalls traf ich mich mit den Handelsteams, um ihre jeweiligen Bedürfnisse nachvollziehen zu können und zu erörtern, wie wir gemeinsam erreichen könnten, Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen. Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin, eine langfristige Strategie und langfristige Ziele zu haben, und dazu in der Lage zu sein, diese in kleine Stücke aufzugliedern, die dann in der täglichen Arbeit umgesetzt werden. 

F: Offensichtlich waren Sie sehr mit den technischen Aspekten bei Essity beschäftigt. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft für maschinenbezogene und technische Berufe?

Die Technologie entwickelt sich rasant weiter. Mit all den sich bietenden digitalen Möglichkeiten, erwarten wir, dass es in den nächsten 10 Jahren so viele Veränderungen geben wird wie zuvor in 200 Jahren. Hierauf müssen wir vorbereitet sein. Das ist eine Chance. Die Herausforderung liegt darin, vorbereitet zu sein und sicherzustellen, dass wir unsere Mitarbeiter kontinuierlich schulen und auf zukünftige Trends vorbereiten. Wenn wir die zukünftige Entwicklung nicht genau kennen, müssen wir dafür sorgen, dass die Mitarbeiter verstehen, dass heute funktionierende Dinge morgen obsolet sein könnten. Wir brauchen kontinuierliche Veränderung. Dies ist momentan die größte Herausforderung. Starre Denkweisen sind obsolet. In den letzten 10 Jahren hat Flexibilität (eine flexible Denkweise) einen Wettbewerbsvorteil begründet. In den nächsten 10 Jahren wird eine flexible Denkweise grundlegend dafür sein, im Geschäft zu bleiben und uns ermöglichen, die vielen sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen.  

F: Im Juli haben Sie eine neue Rolle übernommen und sind jetzt Vice President Sales &Marketing Retail Brands Personal Care. Berichten Sie uns doch über Ihre neue Position und wie es dazu kam, dass Sie von einer Rolle als Leiter im Bereich Produktion zu einer Rolle im Bereich Vertrieb und Marketing gewechselt sind.

Ich bin über meine neue Rolle hocherfreut. Natürlich ist es eine große Herausforderung, da mein Hintergrund hauptsächlich im Bereich Produktion liegt. Ich denke, das zeigt, dass sich Essity von den meisten anderen Unternehmen unterscheidet. Essity hat den Mut, solche Änderungen vorzunehmen und, wichtiger noch, die Entschlossenheit, seine Mitarbeiter zum Ausbilden neuer Fähigkeiten zu ermutigen. Es ist eine Herausforderung anderer Art. Aber im Endeffekt sind die Mitarbeiter, mit denen du zusammenarbeitest, das Wichtigste. Und ich habe bereits viele tolle Mitarbeiter kennengelernt, die mich während der Anfangsphase in dieser neuen Rolle unterstützen werden. Ich hoffe, dass ich eine andere Perspektive einbringen kann, da ich ja aus dem Bereich Produktion stamme.  

F: Aus der Perspektive einer Führungsperson: Welche Eigenschaften sollte Ihr Team verinnerlichen?

Konstanz ist ein entscheidender Punkt. Wenn du ins Fitnessstudio gehst, kannst du nicht nach 1 oder 2 Tagen Ergebnisse erwarten. Wenn du dich im Spiegel betrachtest, wirst du keinen Unterschied sehen. Aber wenn du konstant trainierst, wirst du eines Tages den Unterschied sehen, wenn du dich im Spiegel betrachtest. Konstanz ist grundlegend dafür, eine gute Führungsperson zu sein. Abgesehen davon natürlich die Entschlossenheit, herausragende Ergebnisse zu liefern und der Mut, ungewöhnliche Entscheidungen zu treffen, Neues auszuprobieren und neue Mitarbeiter zu schulen. 

F: Ihre Arbeit erstreckt sich über viele Länder und Sie sehen eine Vielzahl von Projekten. Gibt es Innovationen oder Projekte für 2019/20, die Sie besonders begeistern?

Es gibt viele Projekte, die Mehrwert für unsere Kunden schaffen werden, aber meiner Meinung nach ist Nachhaltigkeit das Feld, in dem sich Essity am meisten hervortut. In diesem Bereich möchten wir etwas bewegen und die kürzlich eingegangene Verpflichtung zur Plastikverringerung unterstreicht eindeutig, dass Essity eine führende Rolle beim Schaffen einer nachhaltigen Welt für die nächsten Generationen spielen möchte. Mein Traum ist es, dass Essity in unserer Branche als Garant für Nachhaltigkeit wahrgenommen wird. Und ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Natürlich sind auch die vielen verschiedenen Projekte zu Digitalisierung, über die wir verfügen, sehr interessant. Als Beispiel sei hier das Entwerfen neuer digitaler Produkte oder das Erschließen neuer Wege für Marketing und den Verkauf von Produkten erwähnt. Wir haben eine Vielzahl von Projekten für die kommenden 2 Jahre, die Essity auf die nächste Ebene bringen werden. 

F: Es scheint, als ob Sie viel zu tun hätten. Wie entspannen Sie sich, wenn Sie nicht arbeiten?

Ich entspanne mich am besten, indem ich Dinge tue, bei denen ich mich voll konzentrieren muss. Deshalb gehören Skifahren und Segeln zu den Dingen, die ich tue, wenn ich komplett abschalten möchte. Meine Freundin hat dieselben Leidenschaften. Deshalb hilft sie mir auch, Abstand von der Arbeit zu gewinnen. 

F: Welchen Ratschlag würden Sie einer Person geben, die eine Karriere bei Essity beginnen will?

Essity bietet den richtigen Mix. Es ist ein Konzernunternehmen mit all den hiermit verbundenen Vorteilen (ständige Schulungen, anspruchsvolles Umfeld, internationale Erfahrung), aber gleichzeitig ist es auch ein Start-up (Essity entstand erst vor 2 Jahren, davor war es „SCA“). Wie bei allen Start-ups hast du die Möglichkeit, alltägliche Entscheidungen zu beeinflussen, den Unterschied auszumachen und innovative Beiträge zu leisten. Deshalb ist mein einziger Ratschlag: Sei du selbst! Wir mögen ehrliche Menschen, die den Mut haben, jeden Tag aufs Neue ihr wahres Ich zu zeigen.  

F: Zu guter Letzt: Gibt es ein bestimmtes Projekt bei Essity, das Sie besonders im Gedächtnis behalten haben?

Mir ist vor allem eine Sache im Gedächtnis geblieben, bei der ich denke, dass wir gemeinsam (Essity und ich) etwas Unvergleichbares geschafft haben. Nach ein paar Monaten in meiner neuen Stelle als Vice President Manufacturing wurde ich mit der bisher größten Herausforderung meines Lebens konfrontiert, da bei mir Krebs diagnostiziert wurde.  Etwas Unvorhergesehenes, das ich natürlich nicht in meinen Plänen berücksichtigt hatte. Vom ersten Tag an hatte ich die volle Unterstützung des gesamten Managements von Essity (CEO, alle Presidents, die Kollegen und natürlich mein Team) und man entschied, mir Zeit zu geben und nicht nach einem Ersatz zu suchen. Die Nachricht war klar: „Andrea, bitte kämpfe, wir geben dir Zeit.“ 6 Monate blieb ich der Arbeit fern, machte eine Chemotherapie, kämpfte wie ein Tiger und spürte stets Essitys Unterstützung. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich den Krebs auch dank der großartigen Unterstützung von Essity besiegt habe. Dies ist auch ein Grund, weshalb Essity für mich etwas Besonderes ist. 

Hintergrund 

Arbeitsort: Rom. Da ich aber jede Woche reise, würde ich sagen, dass mein Arbeitsort die ganze Welt ist.

Alter: 37

• Akademischer Hintergrund: Maschinenbauingenieur in Sizilien und momentan mache ich einen Executive-MBA an der Luiss Business School, den ich voraussichtlich im November 2019 abschließen werde

• Verstecktes Talent: Segeln (gleichzeitig meine größte Leidenschaft), Kochen (nicht für mich, sondern für andere)

• Wenn Sie eine außergewöhnliche Fähigkeit haben könnten, welche würden Sie wählen? Zur gleichen Zeit an zwei verschiedenen Orten sein zu können, da ich dann nicht reisen bräuchte und viel Zeit sparen würde. Das wäre jedoch nur die kurzfristige Variante, da ich mir langfristig die Fähigkeit wünschen würde, allen Abfall, der auf der Welt erzeugt wird, wiederverwenden bzw. recyceln zu können 

Vorbild: Selbstverständlich meine Mutter. Sie ist das beste Beispiel für Führung, das ich in meinem ganzen Leben kennengelernt habe. Auch für Konstanz, Leidenschaft für die Dinge, die sie tut, Engagement und die Fähigkeit, Änderungen zu bewirken

• Persönliches Motto: Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Motto ist, aber alle Leute, die mit mir arbeiten, wissen, dass ich Ihnen immer sage: „Tu etwas.“ Ich mag Strategien, Diskussionen, Analysen, Meetings, aber letztendlich müssen wir immer „etwas tun“. Es sind nicht Word-Dokumente oder Power Point Folien, die die Welt verändern, sondern Handlungen.

• Der ungewöhnlichste Ort, an dem Sie ein Produkt von Essity gesehen haben, und um was handelte es sich? Ich weiß nicht, ob es ungewöhnlich war, aber vielleicht unerwartet: Als ich zu Hause in Sciacca war, sah ich, dass meine Mutter Tena Lady benutzte. Wieder war sie es, die mir half, zu verstehen, dass die Verbraucher Menschen in unserer direkten Nähe sind und ich fühlte mich stolz, Teil etwas Größeren zu sein, Teil von Essity zu sein.