Während des Stillstands waren auch Zellstofffabrik, Papiermaschinen und Heizungen aus. Ohne Kraftwerk läuft wohl nicht viel?

Stimmt. Man könnte sagen, wir sind das Herz des Standorts, da wir für dessen komplette Energieversorgung verantwortlich sind. Wir produzieren den nötigen Prozessdampf für Papiermaschinen und Zellstofffabrik sowie etwa 50 Prozent des werkseigenen Strombedarfs. Dazu nutzen wir Holzreststoffe* aus der Zellstoffgewinnung und das Methangas, das bei der biologischen Klärung unseres Abwassers entsteht. Außerdem verteilen wir den von der Stadt dazugekauften Strom im Werk.

Ihr habt noch eine weitere wichtige Rolle bei der Zellstoffproduktion, oder?

Ja, wir stellen im Kraftwerk die Kochsäure her, die nötig ist, um das Holz in seine Bestandteile aufzuspalten, also in Zellstoff und Lignin. Die einzelnen Zutaten der Kochsäure gewinnen wir später im Prozess zurück und verwenden sie wieder, quasi in einem ständigen Kreislauf.
 
Ist es schwierig, das Kraftwerk herunterzufahren?

Jeder kann sich vorstellen, was mit Dampfleitungen geschieht, die erst kalt und dann wieder heiß werden: Vorher passende Dichtungen sind dann erst einmal undicht, um nur ein Beispiel zu nennen. Daher machen wir nur ganz selten einen Kraftwerkstillstand und bereiten vorab zusammen mit den Kollegen aus der Instandhaltung und den anderen Produktionsbereichen alles intensiv vor. Insgesamt hatten wir rund 100 externe Handwerker bei uns, die wir anleiten und betreuen mussten. Anschließend dauerte es rund 16 Stunden, das Kraftwerk wieder hochzufahren. Aber wir haben auch dieses Mal wieder alle Arbeiten sicher und pünktlich abgeschlossen. Dafür möchte ich besonders den Kollegen im Kraftwerk noch einmal ausdrücklich Danke sagen, die – egal wann – immer mit ganzem Herzen dabei sind. Ihr seid ein tolles Team!
 
Ist ein Stillstand eigentlich eure größte Herausforderung?

Im Gegenteil, die größte Herausforderung ist, dass unser Kraftwerk normalerweise nie steht und wir alle Reparatur- und Wartungsarbeiten im laufenden Betrieb machen müssen. Fehler darf es da nicht geben, denn die können schnell die gesamte Produktion beeinträchtigen. Daher tragen die Kraftwerker und Kraftwerksmeister, welche die Anlage mit ihren Schichtteams fahren, eine große Verantwortung, besonders bei nächtlichen Störungen. Sie müssen, teilweise alleine, sehr schnelle und trotzdem gut überlegte Entscheidungen treffen.
 
Klingt, als wäre das ein fordernder Job. Wie wird man denn Kraftwerker?

Die Verantwortung hat auch ihren Reiz. Mir macht die Arbeit im Kraftwerk auch deshalb großen Spaß, weil kein Tag wie der andere ist. Man braucht aber auf jeden Fall sehr viel Praxiserfahrungen. Das zeigt mein eigener Werdegang. Der Kraftwerksmeister ist eine sehr intensive Ausbildung, die in puncto Wärme-, Elektro- und Leittechnik oder Mechanik die komplette Physik umfasst. Ohne umfangreiche praktische Vorkenntnisse ist das kaum zu schaffen. Es dauert nach der Ausbildung etwa sechs bis sieben Jahre, bis wir intern einen Schichtmeister fürs Kraftwerk ausgebildet haben. Das macht die vorausschauende Personalentwicklung bei uns besonders wichtig.
 
 
* Die Ablauge, das sogenannte Lignin, und die Rinde von Durchforstungshölzern, die nicht verarbeitet werden kann.